Presse Service

Wiesbadener Kurier

5.Mai 2020

Julia Kleinert

Wie Menschen mit Behinderung in der Corona-Pandemie leben

Die Behindertenwerkstatt hat geschlossen, es gibt kaum Kontakte, die gesellschaftliche Distanz ist noch größer als sonst. „Wir sind schon sehr unter uns", sagen Betroffene.
Julia Kleiner: Volontärin
Von Julia Kleiner
Volontärin
WIESBADEN - „Die wenigen Freunde, die ich habe, kann ich jetzt nicht mehr sehen", sagt Tim*. Er ist 21 Jahre alt und hat eine geistige Beeinträchtigung mit Autismus-Spektrum-Störung.
Tim wohnt in einer Wohnung in Wiesbaden und wird von der Lebenshilfe Wiesbaden betreut. Das Coronavirus hat seinen Alltag gehörig durcheinandergebracht. Die Werkstatt für Behinderte, in der er arbeitet, ist coronabedingt geschlossen. Hobbys fallen aus. „Es belastet meinen Alltag, und ich bin froh, dass ich wenigstens meine Familie ab und zu sehen kann", erzählt er.
Die Gefühle von Isolation und Abschottung, die das Kontaktverbot bei vielen erzeugt, sind Tim nicht fremd. Das hat allerdings weniger mit der Corona-Pandemie zu tun. „Ich fühle mich oft allein. Viele Menschen haben überhaupt keinen Kontakt zu Menschen mit Behinderung. Da sind wir so schon sehr unter uns", sagt er. Bei vielen Bewohnern mache das Coronavirus keinen großen Unterschied in ihrer Situation, sagt die Sprecherin der Lebenshilfe, Christiane Jungkenn. „Ob mit oder ohne Virus, die gesellschaftliche Distanz besteht sowieso und wird durch das Virus verstärkt."
Auch in der öffentlichen Diskussion fühlen sich die Mitarbeiter der Lebenshilfe und ihre Bewohner vergessen. „Wir waren überhaupt nicht im Fokus. Das ist ein Abbild der Gesellschaft", sagt Jungkenn.
Immerhin die persönliche Betreuung von der Lebenshilfe bleibt Tim erhalten. Das ist aber auch nicht in allen Fällen zu gewährleisten. Der Leiter des betreuten Wohnens, Marcus Ahr-Schmuck, erklärt, warum: „Ich entscheide individuell, wen ich persönlich und wen ich telefonisch betreue, weil einige doch noch viel unterwegs sind."
Für Schmuck sei es ein generelles Abwägen in der Krise für das betreute Wohnen und die drei Wohnheime der Wiesbadener Lebenshilfe „Es ist für uns als Betreuer ein schmaler Grat. Wie nehme ich die Sache ernst, ohne dass ich Panik verbreite."
In den Wohngemeinschaften dürfen die Bewohner weiterhin Besuch im Garten haben. Dabei muss der Abstand von zwei Metern eingehalten werden – eine Herausforderung für viele. „Die Menschen haben eine starke haptische Wahrnehmung und sind sehr sensitiv", erklärt Jungkenn. Außerdem könne man bei einigen nicht über die Verstandesebene argumentieren. „Viele denken, der Abstand richtet sich gegen sie persönlich", erklärt Jungkenn.
Menschen mit Behinderungen zählen zur Risikogruppe. In Wohnheimen in Koblenz und Köln sind bereits infizierte Personen gestorben. In den Wiesbadener Wohnheimen gebe es bis jetzt keinen erkannten Corona-Fall, sagt Schmuck.
Kranke könnten isoliert werden
Doch was passiert, wenn es dazu kommt? „Sollte es tatsächlich zu einer Erkrankung kommen, haben wir Schutzausrüstung und die Möglichkeit, die erkrankte Person zu isolieren", erklärt Ragnar Boekels, ein Betreuer im Wohnhaus Schierstein der Lebenshilfe Wiesbaden. Die Wohnheime, in denen jeweils etwa 30 bis 34 Personen leben, dürfen nach wie vor nicht besucht werden. Die gesellschaftliche Isolation ist unter diesem Aspekt ein Vorteil. „Einzige Gefahr ist, dass die pädagogischen Betreuer das Virus ins Wohnheim bringen", sagt Jungkenn.
Trotz allem kann Tim der Pandemie etwas Gutes abgewinnen. „Autisten, die sowieso Abstand brauchen, werden jetzt nicht mehr schräg angeschaut", sagt er und muss grinsen.
* Der vollständige Name ist der Redaktion bekannt.

Wiesbadener Kurier

Dotzheim: Lebenshilfe will bald bauen
Von Eva Bender

Pläne für das neue Wohnhaus des Vereins schreiten voran. Der Geschäftsführer hofft, dass das bis zu 3 Millionen Euro teure Neubauprojekt schon in zweieinhalb Jahren fertig ist.
Verknüpfte Artikel
Neues Zwerg-Nase-Haus in Wiesbaden wartet auf Baugenehmigung
DOTZHEIM - In großen Schritten gehen sie voran: Die Planungen für das bislang noch unbebaute Grundstück, das zwischen dem Neubau der Helios-Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken (HSK) und dem Dotzheimer Sportplatz liegt. In den kommenden Jahren werden dort gleich zwei Einrichtungen für schwer behinderte Menschen entstehen. Denn nicht nur die Zwerg-Nase-Stiftung arbeitet intensiv an Neubauplänen (wir berichteten) – auch die Lebenshilfe.
Das neue Angebot soll eine Versorgungslücke schließen
Auf einem 4000 Quadratmeter großen Grundstück, das an die Ludwig-Erhard-Straße angrenzt, will die Lebenshilfe einen zweistöckigen Neubau errichten, der bestenfalls schon in zweieinhalb Jahren stehen könnte, hofft zumindest der Geschäftsführer Hans Grzegorzewski. Den finalen Entwurf werde man in den kommenden Wochen mit dem Landeswohlfahrtsverband abstimmen, der den Großteil der Baukosten von bis zu drei Millionen Euro trage. „Wir bringen 20 Prozent Eigenmittel ein – und hoffen dafür auf die Hilfe der ‚Aktion Mensch'."
Wie auch die Zwerg-Nase-Stiftung, die mit dem Neubau ein bisher fehlendes Angebot für dauerbeatmete Erwachsene schaffen will, füllt auch die Lebenshilfe eine Versorgungslücke in der Region. Die neue Wohneinrichtung richtet sich nämlich an Erwachsene, die wegen eines „herausfordernden Verhaltens" nicht länger in der Familie oder der aktuellen Einrichtung bleiben können, so Grzegorzewski. „Sie haben eine geistige Behinderung oder eine Form des Autismus, verletzen sich selbst oder sind mitunter sogar gewalttätig gegen andere. Darunter leiden auch sie selbst." Es gebe zu wenige Schwerpunkteinrichtungen in Hessen für solche Fälle. „Dabei steigt die Fallzahl und damit der Bedarf deutlich." Der Leidensdruck, gerade der Angehörigen sei groß. „Es gibt Leute, die hier jedes Vierteljahr anrufen, um zu fragen, wie weit wir mit dem Bau sind. Die Warteliste ist schon voll."
Das neue Haus soll Raum für 16 Menschen haben. „Mehr ist mit Blick auf den besonderen Betreuungsbedarf nicht sinnvoll", so Grzegorzewski. Er schätzt, dass für die 24-Stunden-Betreuung rund 20 pädagogische Kräfte mit entsprechender Weiterbildung benötigt werden. „Und von denen gibt es viel zu wenig."
Jeder Bewohner soll ein eigenes Zimmer mit Bad haben – mit bruchsicheren Fenstern und solidem Mobiliar. Weil den Betroffenen die Impulskontrolle fehlt und sie sich auch im Alltag nicht alleine zurechtfinden, werden sie sich zwar nicht frei in Dotzheim bewegen, für Erledigungen mit dem Betreuer aber das Haus verlassen können, so Grzegorzewski. „Ziel ist, dass sie möglichst selbstbestimmt und zufrieden leben können."

 

 

Wiesbadener Kurier

Es kommt auf die Gefühle an
Von Anja Baumgart-Pietsch

Mit „Liebe und Fairsprechen" eröffnet das „Theater Franz" die Spielzeit im Thalhaus. Die geistig beeinträchtigten Schauspieler bringen das Publikum mit Improvisation zum Lachen.

 

Foto: Paul Müller

Angelehnt an „My Fair Lady" verkörpern die Schauspieler einen bunten Figurenmix.


WIESBADEN - Preisfrage: In welchem Theaterstück kommen ein Polizist, ein Zahnarzt, zwei Karate-Kämpfer, drei Gorillas, Mozart, ein Taschendieb und ein Kapitän vor? Darauf kommt niemand, denn dieses Theaterstück hat „Theater Franz" mit seinen 17 Akteuren selbst entwickelt – „Liebe und Fairsprechen", nach den Leitmotiven von „Pygmalion", beziehungsweise „My Fair Lady".
Es kommt nicht auf Texte, sondern auf Gefühle an
Seit über zehn Jahren spielen geistig beeinträchtigte Schauspielerinnen und Schauspieler, die von der „Lebenshilfe" betreut werden, unter dem Namen „Theater Franz" – in einem richtigen, echten Theater, im Thalhaus, das damit schon traditionell im Januar seine Spielzeiten eröffnet.
Nach vielen Jahren, in denen der Wiesbadener Schauspieler Armin Nufer die Gruppe leitete, hat im vergangenen Jahr Claudia Stump, bekannt vom Impro-Theater „Für Garderobe keine Haftung", übernommen. Improvisation sei, so sagte sie in ihrer Einleitung zum Schauspielabend, auch hier ein wichtiger Bestandteil der Auftritte: Es komme gar nicht auf auswendig gelernte Texte an, sondern darauf, dass man verstehe, welche Gefühle hier gerade eine Rolle spielen. „Und daher improvisieren die Schauspieler ganz bewusst." Das klappt ganz prima.
Bei „Liebe und Fairsprechen" gibt es auch das Blumenmädchen Eliza Doolittle und den Professor Henry Higgins. Sie will bei ihm gute Aussprache („es grünt so grün") lernen und er nimmt die Herausforderung an, bis sie ihn und seine Lehrkünste beim Pferderennen bloßstellt. Doch dann zeigt sie ihm und dem Rest der Welt, dass sie eben mehr ist als ein leeres Gefäß, in das man Wissen eintrichtert, oder ein Pferd, das man dressiert: Eliza eröffnet in einer berührenden Traum- Wirklichkeit-Sequenz ihren kleinen Blumenladen und hat jede Menge Kundschaft, die nicht nur Blumen kaufen, sondern von ihr auch noch Samen dazu erhalten. Das hat geklappt, „weil ich in der Welt etwas Besonderes bin", sagt Eliza zum Ende des Stückes selbstbewusst – längst sind der Darstellerin Hanna Bienefeld alle Herzen zugeflogen. Aber auch Michael Wendt ist hier ein distinguierter Professor, der seine Vokalübungen gut beherrscht. Alle rund 18 Schauspieler bringen eine eigene Note auf die Bühne mit, ob sie ins Mozart-, Polizisten- oder Prinzessinnenkostüm geschlüpft sind.
„Wir haben auch gefragt, was jeder schon immer mal gerne sein wollte", sagt Claudia Stump – und so erklärt sich das ungewohnte Personal, das die Bühne bevölkert und für viel Gelächter sorgt. Zum Schluss treffen sich alle in Elizas Blumenladen wieder: der Afrikaforscher, der Kapitän, der blinde Zahnarzt, der eine duftende Pflanze für seine Praxis kaufen möchte, und die Obstverkäuferin, die die Kunden immer selbst über die Preise bestimmen lässt. Am Rande der Bühne macht Ako Karim, der hier „Manfred" heißt, Musik. Karim kommt auch mal in die Mitte, um die Schauspieler mit Klangstäben „Freude, schöner Götterfunken" klopfen zu lassen. Eine lebenspralle Revue mit vielen schönen Einfällen der Gruppe, die sichtlich Spielspaß hat. Und das ist, laut Regisseurin Claudia Stump, nicht nur die absolute Hauptsache für die Akteure, sondern springt auch aufs Publikum über.

Ehemaliger Vorstandsvorsitzender Peter Klein im Vorort

Biebrich
21.07.2018
Nach Aufgabe des Vorstandsvorsitzes bleibt Peter Klein der Lebenshilfe Wiesbaden als Stiftungsratsvorsitzender erhalten

BIEBRICH -

Peter Klein (81) hat nach zwölf Jahren sein Ehrenamt als Vorstandsvorsitzender der „Lebenshilfe Wiesbaden Betreuung und Förderung behinderter Menschen" niedergelegt. Bei der letzten Mitgliederversammlung verabschiedete ihn der Verein feierlich. Nur ein paar Tage später wurde er – für ihn selbst überraschend – zum Vorsitzenden des Stiftungsrates ernannt.

Von Beate Rasch

Peter Klein blättert in dem Fotoband, der vor ihm auf dem Tisch liegt. Er enthält Bilder des feierlichen Abschieds, den ihm die Lebenshilfe Wiesbaden Anfang Juni bereitet hatte. Für seine langjährigen und außerordentlichen Verdienste wurde er außerdem vom Landesverband der Lebenshilfe mit der Ehrenurkunde mit Nadel ausgezeichnet. Was zu diesem Zeitpunkt noch keiner – nicht mal er selbst – wusste: Wenige Tage später wurde er überraschend zum neuen ehrenamtlichen Ratsvorsitzenden der Stiftung der Lebenshilfe Wiesbaden gewählt. Für ihn war das eine „besondere Freude, denn so kann ich der Lebenshilfe weiterhin erhalten bleiben."

Klein ist ein Mann des Ehrenamtes. Vor seinem Eintritt in den Ruhestand 2002 suchte er sich ganz bewusst Einsatzfelder in insgesamt zwölf Einrichtungen, darunter auch die Lebenshilfe und das evangelische Dekanat Wiesbaden.

Seit 1969 in Führungspositionen

„Ich bringe vor allem meine Erfahrungen an der Spitze von Banken und Unternehmen ein. Seit 1969 war ich immer in Vorstandspositionen mit Führungs- und Personalverantwortung", sagt er. Oft begegne ihm die Frage, warum er sich all diese hochkarätigen Ehrenämter antue. „Ich habe viel Glück im Leben gehabt, meine Familie und ich sind gesund, alles ist gut geordnet. Aus Dankbarkeit dafür möchte ich etwas zurückgeben. Und es ist mir wichtig, fit und geistig beweglich zu bleiben", erklärt er seine Motivation.

Zur Lebenshilfe kam Klein durch den Rotary Club Wiesbaden, in den er 1989 eintrat. „Man hielt mich für den richtigen Mann, da ich in dieser Stadt sehr gut vernetzt bin. In den Jahren nach meiner Wahl zum neuen ehrenamtlichen Vorstandsvorsitzenden 2006 haben mir viele bescheinigt, dass ich in Wiesbaden zum Gesicht des Vereins geworden bin", erzählt er. Auch sein sozialer Antrieb habe eine Rolle gespielt. „Ich habe einfach Freude am Umgang mit behinderten Menschen. Ihnen mit Empathie zu begegnen, ist mir und meiner Ehefrau, die mich stets unterstützt hat, sehr wichtig."

In den letzten zwölf Jahren konnte Klein in der Lebenshilfe sehr viel bewegen und voranbringen. Zu Recht ist er stolz auf diese „erfreuliche Entwicklung", wie er sagt. Als Vorstandsvorsitzender erwarb er zum Beispiel federführend verschiedene Liegenschaften für die Lebenshilfe. Ein neues großes Projekt gab für Klein schließlich den Ausschlag, sein Amt als Vorstandsvorsitzender niederzulegen: „Wir erwerben ein Grundstück neben den Helios-Dr.-Horst- Schmidt-Kliniken und errichten dort ein Wohnhaus mit intensiv betreutem Wohnen für Menschen mit geistiger Behinderung und herausforderndem Verhalten. Da wusste ich, dass die richtige Zeit gekommen ist. Diese enorme Herausforderung soll ein Jüngerer übernehmen", sagt er.

Klein kann sich nun ganz seiner neuen Aufgabe als Ratsvorsitzender der Stiftung Lebenshilfe widmen. Sie liegt ihm besonders am Herzen, denn er hat sie 2010 als Finanzierungsquelle für zusätzliche Projekte selbst ins Leben gerufen.

Bescheidene Pläne für die eigene Zukunft

Aufgrund seiner Beziehungen als Mitglied des Rotary Clubs konnten außerdem viele Prominente für die Stiftung gewonnen werden. Mit den Geldern werden beispielsweise die Theatergruppe Franz und auch der inklusive Workshop „SchreibRaum" finanziert.

Auch das neueste Projekt ist ein ganz besonderer Höhepunkt: Geplant ist, zweimal eine Woche lang mit jeweils 40 Behinderten eine Flussschifffahrt in Deutschland zu organisieren.

Für die Zukunft hat Klein ganz bescheidene Pläne: „Viele Reisen, weiterhin beweglich bleiben und Sport treiben, mehr Zeit zum Lesen und für die Gartenarbeit." Eins ist ihm aber ganz besonders wichtig: „Mein Leben soll ein bisschen bunt bleiben, nicht so einseitig", sagt er und zitiert seinen Lieblingsspruch des römischen Philosophen Seneca: „Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück: Es kommt nicht darauf an, wie lang es ist, sondern wie bunt."

Weiteres im Internet auf www.lebenshilfe-wiesbaden.de

Wiesbadener Kurier


Biebrich
11.06.2018
Sommerfest der Lebenshilfe Wiesbaden
Von Katharina Schuster

BIEBRICH - Kinder toben auf einer Hüpfburg, eine Kutsche fährt durch den Stadtteil, und es duftet nach Bratwürsten und Erdbeerbowle. Mit einem kunterbunten Programm an Spiel- und Bastelaktionen, Unterhaltung und Musik feiert die Lebenshilfe Wiesbaden den Sommer im Stadtteil Biebrich. Auch Oberbürgermeister Sven Gerich und die CDU-Politiker Astrid Wallmann und Helmut Müller mischen sich unter die Gäste.

Seit mehr als 50 Jahren setzt sich die Lebenshilfe Wiesbaden für behinderte Menschen ein. Der neunköpfige Vorstand des Vereins organisiert das vielfältige Angebot von der Frühförder- und Frühberatungsstelle sowie der Kindertagesstätte bis zu insgesamt sechs betreuten Wohnhäusern in Wiesbaden, in denen geistig behinderte Erwachsene miteinander leben. Die Erzieherin Bouchra Bouzid, die am Samstag einen Bewegungspfad betreut, sieht das Sommerfest als eine gute Möglichkeit, alle Einrichtungen zusammenzubringen und gemeinsam zu feiern.

Für Katharina Merkel und Maria Bongartz ist das Fest ein Grund, sich zu engagieren. Die beiden Studentinnen der Universität für Wirtschaft und Recht verkaufen Lose für eine Tombola. „Das Geld geht zu 100 Prozent an die Lebenshilfe Wiesbaden", sagt Merkel. Die jungen Frauen treten schon länger in der wohltätigen Jugendorganisation „Rotaract" für Fairness und Toleranz ein. „Wir wollen für unsere Mitmenschen aktiv sein, für soziale Veranstaltungen wie diese hier", ergänzt die Jura-Studentin.

Mal mit Balladen, mal mit Rockmusik, auf jeden Fall mitreißend, unterhaltsam und zugleich tanzbar – mit der Band „Trinkgeld" hat sich die Lebenshilfe Wiesbaden eine frische Cover-Band auf ihre Bühne geholt. Die Gruppe aus Gau-Bischofsheim in Rheinhessen spielt schon seit 2000 gemeinsam. Geleitet wird die musikalische Live-Performance von den Frontsängern Johannes Keuser-Johnny und Jessi Bock.

Kindertagesstätte legt Schwerpunkt auf Bewegung

Für die Erzieherinnen der Kindertagesstätte Anja Menke und Bouchra Bouzid ist das Sommerfest der Lebenshilfe jedes Jahr wieder etwas Besonderes. Sie betreuen ein Bewegungsangebot für Kinder: Eierlauf für die Älteren und einen Krabbelpfad für die Jüngeren. „Das Tolle an dem Fest ist, dass jedes Jahr ein neues Angebot gemacht wird", sagt Menke. Dieses Jahr haben die Kita-Mitarbeiter den Schwerpunkt auf Bewegung gesetzt. „Hier gibt es so viele kreative Ecken mit Bastelangeboten, wir haben uns deswegen eine Bewegungsecke ausgedacht. Kinder lernen durch Bewegung sehr viel", ergänzt Menke.

Wiesbadener Kurier

 

Theater
16.01.2018
„Alle Menschen sind Schweine" – „Franz das Theater" feiert im Wiesbadener Thalhaus Premiere mit „Die Odyssee"

Foto Paul Müller


Von Kathrin Schwedler

WIESBADEN - Die 14. Produktion des Ensembles „Franz das Theater" erzählt in sieben Bildern die weltberühmte Geschichte von Odysseus. Mit Claudia Stump (Schauspiel) und Christiane Jungkenn (Pädagogik) stellte sich das neue Kreativteam vom Projekt „Lebenshilfe Wiesbaden" mit einem straff durcherzählten Klassiker vor. Seit 2002 existiert die Truppe aus über zehn Laienschauspielern aus allen Altersklassen, die sich einmal in der Woche treffen, um am Ende eine Inszenierung im Thalhaus zu zeigen.

Rollen sind auf Leib und Seele zugeschnitten

Das Außergewöhnliche an der Gruppe ist, dass diese Menschen zwischen 20 und 60 Jahren geistig und teils körperlich gehandicapt sind. Entsprechend entstehen Produktionen, die den Darstellern individuell auf Leib und Seele zugeschnitten sind.

Weil man auch woanders gastieren möchte, ist das Bühnenbild diesmal besonders verschlankt. Wenn sich der Vorhang öffnet, sieht man nur einen stilisierten Schiffsrumpf, der als Boot oder Sitzgelegenheit dient. Am Rande sorgt Uli Böttcher an PC und Akkordeon für Musik und Sounds wie heftige Meeresstürme. Dazu schlüpfen die 15 Akteure in immer wieder überraschende Kostüme (Birgit Reimann), die mit Tüll, Glitzer, Blumenflor und anderen kecken Details nicht sparen. Poseidon raschelt mit einer Langhaarperücke aus alten Kassettenbändern und die Sirenen rauschen mit Ballettröckchen, Blümchenbadekappen und Rollatoren mit Lichterketten an. Das ganze Treiben verbreitet vollmundige Kabarettstimmung. Als Erzähler in schmucker Navyuniform bietet Willy Smith mit seinem aufgeklappten Lesebuch eine pointierte Conférence, in der es beispielsweise heißt: „Dann war aber Schluss mit lustig." Auch die Zauberin Zirze (Hanna Bienefeld), die in einem hautengen grünen Partykleid später noch einen Tango mit Odysseus hinlegen wird, ist nicht auf den Mund gefallen. „Mist", entfährt es ihr, da es ihr nicht gelingt, den Held von Troja in ein Schwein zu verwandeln wie seine Gefährten, die mit Schweinsnase und umgebundenen Ringelschwänzchen ulkig ausschauen. Michael Wendt als Titelfigur hat seine Mannschaft, die immerhin zehn Jahre mit ihm durchs Mittelmeer und auch noch den Hades irren muss, immer fest im Griff. Die an sich durch und durch komische Reise-Revue beginnt damit, dass Odysseus in den Trümmern von Troja erklärt, dass Krieg führen keine gute Sache ist, selbst wenn man gewinnt. „Alle Menschen sind Schweine", wird später Zirze mit Hinweis auf dieses sinnlose gegenseitige Abschlachten argumentieren. Dennoch endet die ganze Sache am Ende mit einer flotten Party und einem fetzigen Gruppentanz, bei dem die Schauspieler endlich wie entfesselt wirken, und der ein oder andere ein artistisches Hip-Hop-Solo hinlegt (Choreografie: Josie Spira).

 

 

 

Wiesbadener Tagblatt


Biebrich
11.01.2018
Die Theatergruppe der Lebenshilfe Wiesbaden führt ihr neues Stück „Die Odyssee" auf

BIEBRICH -

Im Januar 2002 gründete die Lebenshilfe Wiesbaden in Biebrich „Franz das Theater", eine Theatergruppe für Menschen mit geistiger Behinderung. Unter professioneller Anleitung werden Theaterstücke erarbeitet und auf die Bühne gebracht. Stolz präsentiert das vielköpfige Ensemble jetzt seine 14. Produktion, eine Geschichte vom Wegfahren, Unterwegssein und Ankommen: „Die Odyssee – eine Irrfahrt in sieben Bildern". VorOrt war bei den Endproben im Thalhaus dabei.

ZUM STÜCK
Odysseus feiert seinen Sieg. Nach zehn Jahren Krieg will er endlich nach Hause. Mit seinen Schiffen und seinen Gefährten segelt er Richtung Heimat. Doch ein Sturm lässt sie auf einer Insel stranden. Dort treffen sie merkwürdige Gestalten und geraten in Gefahr. Sie können entkommen. Wieder ein Sturm. Wieder eine Insel. Wieder merkwürdige Wesen. Manchmal freundlich, manchmal nicht. Odysseus kommt nicht an. Ist der Weg das Ziel oder macht die Fahrt irre? Eine Geschichte vom Wegfahren, Unterwegssein und Ankommen.

Von Beate Rasch

Die Vorfreude ist bereits groß, die Aufregung deutlich spürbar: Bei den täglichen Endproben im Thalhaus kurz vor der Premiere herrscht emsiges Treiben, alle sind hoch konzentriert und voll dabei.

Eine eigene schöne Welt

„Für das Ensemble ist diese Zeit sehr wichtig. Es ist ein Unterschied, ob die Proben in normalen Räumen oder direkt auf der Bühne stattfinden. Denn das Theater ist eine eigene schöne Welt, in der wir von morgens bis abends ganz intensiv zusammen sind", beschreibt Christiane Jungkenn die besondere Atmosphäre. Die Theaterpädagogin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit der Lebenshilfe weiß, wie wichtig das auch für die Laienschauspieler ist, die aus verschiedenen Einrichtungen der Lebenshilfe kommen: „Wir arbeiten kontinuierlich mit 14 behinderten Menschen im Alter zwischen 23 und 68 Jahren zusammen, die sonst in Werkstätten tätig sind, wo alle arbeiten. Im Theater haben sie einen ganz besonderen Status, werden ernst genommen und gefordert. Sie können ihre Kreativität ausleben und sind die Nummer eins auf der Bühne!"

Die Vorbereitungen für das neue Theaterstück laufen bereits seit März 2017, geprobt wurde zuvor immer dienstags von 18.30 bis 21 Uhr in den Räumen des Seniorenzentrums „Toni-Sender-Haus". Bei dieser Produktion führt zum ersten Mal Claudia Stump Regie. Die Schauspielerin, Regisseurin, Trainerin und Autorin leitet bereits zusammen mit Jungkenn den inklusiven „SchreibRaum" der Lebenshilfe, ein Schreibworkshop für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen.

Bei der Theaterarbeit ist Stump froh, auf ein bewährtes Team aus Laienschauspielern und professionellen Theaterleuten (Jungkenn, Profis für Bühnenbild und Kostüm sowie fakultativ Musiker oder Tänzer als Gäste) zurückgreifen zu können. „Auch diese Beständigkeit ist für unsere Schauspieler wichtig", sagt Jungkenn. „Sie erleben natürlich den Wechsel von Bezugspersonen in ihrem Alltag. Aber Theaterarbeit ist eine sehr intime Arbeit. Deshalb ist es besser, wenn nicht alles neu ist. Auch das Thalhaus kennen sie bereits von den vorherigen Produktionen."

Mann aus Hefeteig für den Zyklopen

In diesem vertrauten Ambiente werden die einzelnen Akteure mit ihren persönlichen Begabungen und Fähigkeiten gefördert sowie zur fantasievollen Mitarbeit und Eigeninitiative angeregt. Auf diese Art wurde auch die Bühnenfassung des neuen Stückes gemeinsam entwickelt. Zuerst ging es Stump um die Frage: Was passiert eigentlich im Originaltext bei der Odyssee? Es geht um Ängste, Heimweh, Mut, Verführung und Freundschaft.

„Über Körperarbeit und Improvisationen erarbeite ich diese Themen zusammen mit den Schauspielern. Was macht denn zum Beispiel jemand, der sich verlaufen hat? Oder was fühlt jemand, wenn er Heimweh hat? Dadurch können sie erfahren, dass das, was sie jetzt improvisieren, genau so auch in der gespielten Geschichte vorkommt." Wichtig ist, dass die Schauspieler verstehen, um was es geht und was sie da spielen. „Auch wenn sie den Text nicht eins zu eins wiedergeben, können sie sich in die Improvisation retten, weil sie die Gefühle intellektuell nachvollziehen und auf eigene ähnliche Erlebnisse aus dem Alltagsumfeld zurückführen können. Erst dann kommen sie in den Spielfluss und haben echten Spielspaß", erklärt Jungkenn.

Die Proben sind anstrengend, aber auch sehr abwechslungsreich, mit lustigen und herausfordernden Momenten. Beim Proben der Sturmszenen hat eine Schauspielerin Angst vor Sturm. „Dann ist es wichtig, auch diese Gefühle aufzufangen und sie verständnisvoll darauf hinzuweisen, dass das nur Illusion ist und sie in Wirklichkeit auf einer Holzbühne sitzt", sagt Stump. Ein weiteres Beispiel: „In der Szene mit dem Zyklopen wird ein Gefährte gefressen. Es wollte aber niemand gefressen werden. Da habe ich einfach ein Männchen aus Hefeteig gebacken, und das muss jetzt herhalten", erzählt sie lachend.

Alle Vorstellungen sind im Thalhaus Wiesbaden, Nerotal 18. Die Premiere beginnt am Samstag, 13. Januar, um 19.30 Uhr und ist bereits ausverkauft. Für die weiteren Vorstellungen gibt es noch Karten: Sonntag, 14., und Sonntag, 21. Januar, um 17 Uhr; Donnerstag, 18., Freitag, 19., und Samstag, 20. Januar, um 19.30 Uhr. Die Karten sind an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich oder direkt online über Thalhaus Wiesbaden. www.thalhaus.de, www.lebenshilfe-wiesbaden.de/theatergruppe; http://claudiastump.wixsite.com/claudiastump.

 

 



Nachrichten Wiesbaden 10.01.2017

Theaterpremiere: „Schuhe, die passen“, wird am 15. Januar im Nerotal aufgeführt

Von Charlotte Dietrich

WIESBADEN - „Warum sind wir unzufrieden und wann sind wir zufrieden? Mit dem passenden Schuh zum Beispiel. Und wenn wir den gefunden haben, wie lange werden wir zufrieden bleiben?“ Das und noch vieles mehr erfährt man am Sonntag, 15. Januar bei der Theaterpremiere „Schuhe, die passen“ der Theatergruppe von „Franz das Theater“ im Nerotal 18.

Dieses Jahr feiert die Theatergruppe ihr 15-jähriges Bestehen. Wie üblich stellt auch dieses Jahr das Talhaus seine Räumlichkeiten in den ersten beiden Januarwochen für die Endproben des Stückes bereit. Bereits vor 14 Jahren gründete die Lebenshilfe Wiesbaden diese Theatergruppe für Menschen mit geistigen Behinderungen. Neben Theaterstücken werden unter professioneller Anleitung auch Collagen erarbeitet, die regelmäßig aufgeführt werden. Beeinträchtigten Menschen wird durch das Theater die Chance gegeben, sich weiterzuentwickeln und ihr Selbstvertrauen zu stärken. Dadurch, dass andere Menschen an sie glauben, fangen sie auch damit an, an sich selbst zu glauben. Armin Nufer, Regisseur und Schauspieler aus Wiesbaden, sowie Chrstiane Jungkenn, Theaterpädagogin und Betreuerin bei der Lebenshilfe, unterstützten das Projekt seit Beginn. Jeden Dienstag von 18.30 bis 21 Uhr probt die Gruppe gemeinsam im Seniorenzentrum Toni Sender Haus in der Rudolf-Dyckerhoff-Straße 30. Mittlerweile besteht das Team aus 13 Personen zwischen 19 und 61 Jahren, die kontinuierlich am Programm arbeiten.

Austausch mit anderen Theatergruppen erwünscht

Viele der Laienschauspieler arbeiten tagsüber in der Werkstatt für Behinderte. Neben Spaß bietet das Theaterspiel ihnen auch einen großen Lern- und Inspirationsfaktor. Auch wenn die Proben manchmal etwas nervenaufreibend sind, überwiegt das Positive. Während das gesamte Team an Szenen, Ideen und Improvisationen arbeitet, erfahren die Mitarbeiter sehr viel Wärme und Dankbarkeit von den 13 Mitgliedern. Ziel der Theatergruppe ist es an Gastspielen teilzunehmen, Workshops zu besuchen und Fördergelder aufzutreiben. Oberste Priorität hat aber der Austausch mit anderen Gruppen mit behinderten Menschen sowie das Bestreben Kooperationen einzugehen. Vor einer Premiere übt das Team eine Woche lang jeden Tag, um intensiv an dem Projekt zu feilen. Für eine ganz neue Produktion benötigt die Gruppe etwa ein Jahr.

Weitere Vorstellungen der Aufführung „Schuhe, die passen“ finden vom 18. bis zum 21. Januar um jeweils 19.30 Uhr und am 22. Januar um 17 Uhr statt. Tickets für die kommenden Veranstaltungen sind zu einem Vorverkaufspreis von 11 Euro und an der Abendkasse für 13 Uhr erhältlich. Die Theaterpremiere ist bereits ausverkauft. Weitere Informationen erhalten Interessierte auf der Internetseite der Lebenshilfe Wiesbaden unter: http://www.lebenshilfe-wiesba den.de/theatergruppe/in dex.html.


Gruppenbild mit Nikolaus: Zum 15.Mal haben das Ehepaar Ralf Scheld und Sonja Scheld-Korb(rechts) Behinderte zur Adventsfeier eingeladen. Dafür danken(v.li.) Elternbeirätin Sabine Torke, Katrin Hentschel von der Lebenshilfe und Valentina Stieglitz vom Heimbeirat.
Foto:wita/Paul Müller

06.12.2016 Wiesbadener Kurier

Von Claudia Kroll-Kubin

SCHIERSTEIN - „Es war mir immer eine Herzensangelegenheit“, sagt Sonja Scheld-Korb, Inhaberin des Restaurants „Grüner Baum“, und hat Tränen in den Augen. Zum nunmehr letzten Mal heißt sie in der Backfischgasse 14 eine Gruppe von 26 Bewohnern des Wohnhauses Schierstein, einer Einrichtung der Lebenshilfe Wiesbaden für geistig Behinderte, zum Adventskaffee willkommen. Die Gruppe ist ihr und ihrem Mann Ralf Scheld über all die Jahre ans Herz gewachsen.

15 Jahre lang hat das Ehepaar jedes Jahr aufs Neue gut 30 Menschen dieser Einrichtung im Advent eingeladen, einen Nikolaus bestellt und ein Geschenk bereitgehalten. Zuerst im Weinhaus Meilinger, später im „Grünen Baum“. Zum Ende des Jahres nun wird sich das Ehepaar zur Ruhe setzen. Das bedeutet für die Bewohner des Hauses Schierstein das Ende des 15-jährigen Engagements für Teilhabe und die Erlebnisse im Advent, ist aber auch Grund für den Elternbeirat des Wohnhauses, am Samstag vor Ort beim letzten Adventskaffee mit einem Überraschungsgeschenk aufzuwarten und dem Ehepaar Scheld-Korb Danke zu sagen

 

 

 

„Der Adventskaffee war für die Bewohner ein jährlicher Höhepunkt im Kalender“, sagt Sabine Torke, Vorsitzende des Elternbeirates des Hauses Schierstein, und betont: „Es ist so schade, dass dies nun aufhört“. Wobei sie insgeheim sehr hofft, dass sich doch irgendwie ein Nachfolger finden wird, als sie Sonja Scheld-Korb und ihrem Ehemann im Namen der Elternschaft zwei Karten für die Kammerspiele Mainz und einen floralen Dankesgruß überreicht. Dem Dankeschön schließen sich die stellvertretende Leiterin des Hauses Schierstein, Katrin Hentschel, und die Vorsitzende des Heimbeirates und Bewohnerin Valentina Stieglitz an und überreichten dem Ehepaar einen spritzigen Tropfen, den die Lebenshilfe Bad Dürkheim produziert.

„Es war das Eingebundensein in Schierstein, das Gemeinschaftserlebnis unter Freunden“, erklärt Katrin Hentschel und würdigt das Ehepaar Scheld-Korb als „große Bezugsperson“ der Bewohner, mit denen man einfach per Du ist und in all den Jahren eine starke Bindung aufgebaut hat. „Das sind Stationen im Leben, die haften bleiben“, unterstreicht Ralf Scheld nicht minder gerührt, bevor der Nikolaus, ein Nachbar des Ehepaars, durch die adventlich geschmückten Räume des „Grünen Baums“ zieht und mit den Bewohnern und ihren Betreuern gemeinsam Weihnachtslieder singt und Gedichten lauscht.

„Manege frei!“ im Thalhaus

18.01.2012 - WIESBADEN

Von Marianne Kreikenbom

THEATER FRANZ Ensemble der Lebenshilfe feiert Premiere einer bezaubernden Zirkusschau

Es ist schon etwas Besonderes, wenn ein Kulturbetrieb wie das „Thalhaus“ in den Nerotalanlagen die eigenen Räumlichkeiten in den ersten zwei Wochen des neuen Jahres komplett dem „Theater Franz“ für die Schlussproben seiner Jahresproduktionen überlässt. Auch in diesem Jahr war das wieder so.

„Wir sind sehr froh darüber, dass unsere letzten Proben, die Premieren und Vorstellungen hier stattfinden können“, sagt Armin Nufer, der „Franz das Theater“ nicht nur leitet, sondern auch Regie führt, alle Texte schreibt, selbst mitspielt und falls erforderlich auch souffliert. Seine Truppe ist erstklassig, individuell und überraschend, wie es im Titel der neuen Produktion so schön heißt. Als „Zirkus Franz“ feierte das Theater Franz im ausverkauften Thalhaus gestern Premiere und zugleich sein zehnjähriges Bestehen. Im Januar 2002 hatte die Lebenshilfe Wiesbaden eine Theatergruppe für Menschen mit geistiger Behinderung gegründet, die sich bis heute „Franz“ nennt.

Normalerweise proben die „Franzler“ einmal wöchentlich im Speisesaal des Biebricher Toni-Sender-Hauses. Für das aktuelle Zirkus-Stück begann die Probenarbeit bereits im Februar 2011. Jede neue Produktion entwickelt und verändert sich im Verlauf dieser Zeit. So stand im November noch lange nicht fest, ob der Zirkusdirektor (Michael Wendt) tatsächlich den Klassiker „Oh mein Papa war eine wunderbare Clown“ singen würde. Er übte den Text trotzdem. Nicht umsonst, denn begleitet vom Ensemble stimmt er das Lied nun tatsächlich an. Die endgültige Fassung einer Produktion entsteht immer erst während der Schlussproben im Thalhaus.

Die Mitspieler kommen mehrheitlich aus den Wohneinrichtungen der Lebenshilfe in Gräselberg, Schierstein und Erbenheim. Viele arbeiten tagsüber in der Werkstatt für Behinderte. Alle „Franzler“ lieben das Theaterspiel und den Applaus leidenschaftlich. Einige von ihnen sind schon „ewig“ dabei, die Zwillinge Gabi und Karin Bleeker zum Beispiel oder Willy Smith. Andere wie José Perdomo Pinto und Christopher Mielke sind neu.

Ulla Roth gibt im „Zirkus Franz“ ihren Einstand: Auf der Mundharmonika spielt sie im Duo mit der Mainzer Musikstudentin und Geigerin Magd alena Adunga. Letztere tritt ebenfalls erstmals bei den „Franzlern“ auf und bildet mit Gasttrompeter Volker Bender das Zirkusorchester. Auch Sophie Weber, die ihre Sache als Zauberin und Dompteurin hervorragend macht, ist Gast im Ensemble.

„Zirkus Franz“ ist ein hinreißendes klassisches Nummernprogramm mit vier schwebenden Jungmännern, Clown-Zwillingen im blau-grünen Glitzerkostüm, falschen Tigern und falschen Bärten, echten stärksten Männern der Welt, talentierten Jongleuren, witzigen Bodenakrobaten und einer reizenden Seiltänzerin mit Schirm auf dem „Trockenen“.

Auch diese beeindruckende Akrobatikdarbietung gehört zu dem Theaterstück des Ensembles der Lebenshilfe.	Foto: wita/Paul Müller

Auch diese beeindruckende Akrobatikdarbietung gehört zu dem Theaterstück des Ensembles der Lebenshilfe. Foto: wita/Paul MüllerVergrößern

Neues Stück des Theaters Franz hat im Januar Premiere

26.11.2011 - WIESBADEN

Von Marianne Kreikenbom

Nach der Premiere ist vor der Premiere bei „Franz“, dem inzwischen ziemlich bekannten Theater der Lebenshilfe in Wiesbaden. Die alljährliche Inszenierung im Januar ist schnell ausverkauft und die Uraufführungsstätte Thalhaus jedes Mal rappelvoll. Eine kurze Verschnaufpause zwischen dem letzten Auftritt und den neuen Proben gönne man sich allerdings, sagt Christiane Jungkenn, Theaterpädagogin und Betreuerin der Lebenshilfe.

Seit Februar dieses Jahres wird im Speisesaal des Biebricher Toni-Sender-Hauses für das neue Stück geprobt. „Zirkus Franz - erstklassig, individuell, überraschend“ lautet sein Titel.

Die Laienschauspieler des „Franz“ sind Frauen und Männer mit geistiger Behinderung im Alter zwischen Anfang zwanzig und Anfang sechzig. Die meisten kommen aus den Wohneinrichtungen der Lebenshilfe in Gräselberg, Schierstein und Erbenheim. Viele arbeiten tagsüber in der Werkstatt für Behinderte, und alle lieben das Theaterspiel.

„Willi, du kannst mal was üben“, sagt Armin Nufer und drückt einem der Theatermitglieder einen roten Plastikteller mit Balancierstock in die Hand. Im Nu rollern mehrere solcher Teller über den Köpfen. Auch bunte Reifen zum Jonglieren hält Nufer bereit. Karin schwenkt ein buntes Band durch die Luft. Sophie, Schülerin an der Helene-Lange-Schule, rezitiert einen Text, zu dem Magdalena Adunga auf der Geige spielt. Die Musikstudentin aus Mainz nimmt an diesem Dienstagabend zum ersten Mal an einer Probe des Theaters Franz teil. „Das Stück ist ein Nummernprogramm aus selbst verfassten und nicht selbst verfassten Texten“, erklärt der Wiesbadener Regisseur und Schauspieler Armin Nufer. Er leitet das Theater Franz, schreibt die Szenen und Texte und spielt auch selber mit, um bei Bedarf dafür zu sorgen, dass auf der Bühne nichts aus dem Ruder läuft.

Seine Darsteller seien liebenswerte Menschen, erklärt er, aber haben auch ihren eigenen Kopf und lassen ihren Emotionen freien Lauf. Christiane Jungkenn begleitet die Probenarbeit, ebenso Lebenshilfe-Betreuerin Maria Mazurek. Zum Stammteam kommen Profis für Bühnenbild und Kostüm sowie Musiker und Mitspieler als Gäste. „Wir haben traumhafte Kostüme vom Mainzer Theater zur Ausleihe erhalten“, schwärmt Christiane Jungkenn.

Eine Rahmenhandlung im klassischen Sinn habe „Zirkus Franz“ nicht, erklärt Armin Nufer. Allerdings gebe es zwischen dem Zirkusdirektor, seiner Assistentin, dem Zirkusbesitzer und den Artisten gewisse Reibereien und Aufregungen, was die Machtverhältnisse und Kompetenzen betreffe. Es wird also turbulent zugehen, lässt sich ahnen. Als „work in progress wie immer“ bezeichnet Armin Nufer die Arbeit am Stück. Es ist die achte Jahresproduktion seit Gründung des Theaters im Jahr 2002. Premiere ist am 17. Januar im Thalhaus. Dort finden auch wie gewohnt und dankenswerterweise die Endproben statt, in denen das Stück seinen letzten Schliff bekommt. Szenen aus der Aufführung sollen auch bei der großen Jubiläumsveranstaltung zum 50-jährigen Bestehen der Lebenshilfe im März 2012 gespielt werden. Einer wird nicht mehr dabei sein: Clemens Baron, den alle kennen, die Franz das Theater lieben. Er sollte den Zirkusdirektor spielen, eine Rolle, für die er die Idealbesetzung gewesen wäre. Am 22. November ist Clemens im Alter von 40 Jahren gestorben.

Regisseur Armin Nufer (rotes Hemd) probt mit dem Ensemble das neue Stück.	Foto: RMB/Heiko Kubenka

Rührei und Speck in der Franz-WG

22.01.2011 - WIESBADEN

Von Marianne Kreikenbom

THALHAUS Aufführungen des Lebenshilfe-Theaters ausverkauft

Dicht an dicht saß das Publikum, und es mussten sogar noch ein paar Stühle mehr geholt werden, als am Donnerstagabend im Thalhaus die Premiere „WeGeTV“ vom Franz-Theater der Lebenshilfe Wiesbaden stattfand. Es war die neunte Produktion und wie immer ein Erfolg nicht nur für Arnim Nufer (Script, Regie und Theaterleitung) und sein Team, sondern auch und vor allem für die Mitglieder seiner tollen Gruppe: Frauen und Männer unterschiedlichen Alters mit geistiger Behinderung. Die Proben sind nicht immer leicht, dafür die Premieren immer gut. Wer „Franz das Theater“ schon länger kennt, merkt, wie die Mitspieler an ihrer Aufgabe wachsen. Dieses „Franz“ ist nicht nur Spaß, sondern auch ein Förderprojekt von Wert.

„WeGe“ lautet die neudeutsche Abkürzung von WG wie Wohngemeinschaft und bietet mit Alltag und Chaos ein dankbares Thema. Alles ist möglich - und wenn mal was schief geht, ist es immer noch lustig. Es wurde viel und herzlich gelacht, wenn zum Beispiel der Nachbar im Schafspelz (Michael Wendt) auftauchte, um sich Zucker, Eier und sonst was zu borgen, ständig Energiespartipps unter die Leute zu bringen und seine Stromerzeugung mittels Fahrraddynamo vorzuführen.

Starter in den Abend war ein wirklich pfiffiges Video, mit dem sich Nufer & Co. bei ARX-TV um den Titel „Die geilste WG der Welt“ bewirbt. „Wir sind die Besten, weil wir die Besten sind“, lautet das überzeugende Argument. Schließlich wird hier der Müll getrennt, gesund gegessen, gern wie wahnsinnig geputzt, gemeinsam eingekauft, gekocht und Party gefeiert, die Atomstrom-Zone ausgewiesen und dem Nachbarn nichts genommen, sondern mehr gegeben als er braucht. „Bei uns ist jeder willkommen: von GEZ bis EBS“, tönt Lothar alias Armin Nufer vollmundig für die TV-Bewerbung.

In der schnöden Realität sieht die WG-Welt anders aus. Von wegen putzen, waschen, kochen, spülen! Niemand hat Lust drauf. Abends bleibt Lothar am liebsten zu Hause und macht Spiele statt Party. Im Kühlschrank herrscht Ebbe. Nicht schon wieder waschen und bügeln, meint Conni (Elke Grohmann). Georg (Willi Smith) geht allein in den Supermarkt einkaufen, und Kevin erklärt sich bereit, für alle zu kochen - ebenfalls allein. Thema Ökostrom entfällt auf der WG-Vollversammlung, die nächste Demo wegen Aufstockung von Hartz IV auf satte 800 Euro sowieso.

Nach der Pause duftet es im Saal mit der aufgebauten WG-Miniküche appetitlich nach Rührei und Speck, die Kevin vor aller Augen und Nasen brät. Genau im falschen Moment - bei den Entspannungsübungen - erscheint ARX-TV. Der smarte Reporter im Leopardenlook-Anzug (Peter Silbereisen als Gast) findet die WG hoffnungslos altmodisch. Sie wird nicht die „geilste WG der Welt“. Sie darf so bleiben, wie sie ist - und erntet dafür einen Riesenapplaus. Die weiteren Vorstellungen sind bereits restlos ausverkauft.

Das Franz-Theater bei der Premiere von WeGeTV. Ins Fernsehen schaffen es die Freunde der Wohngemeinschaft zwar nicht - aber sie füllen das Thalhaus.	Foto: RMB/Friedrich Windolf

R+V Versicherung spendet 10.000 Euro für "Franz das Theater"

Theater des Vereins Lebenshilfe Wiesbaden mit behinderten Menschen
Wiesbaden, 28. Januar 2011. Einmal im Rampenlicht stehen: Mit "Franz das Theater" ermöglicht der gemeinnützige Verein Lebenshilfe Wiesbaden geistig behinderten Menschen, ihre Fähigkeiten vor einer großen Öffentlichkeit zu beweisen. "Die Kreativität und Spielfreude der Akteure begeistert die Zuschauer immer wieder", fasst Rita Jakli, Pressesprecherin der R+V Versicherung, ihren Eindruck von der General-probe des aktuellen Stückes "WeGeTeVau" zusammen. "Es ist faszinierend, zu welch hervorragenden schauspielerischen Leistungen die behinderten Akteure unter professioneller Anleitung fähig sind. Deshalb engagieren wir uns sehr gerne für dieses Lebenshilfe-Projekt." Das Wiesbadener Unternehmen unterstützt das Behinderten-theater nun schon im dritten Jahr als Hauptsponsor.

Die Stadt kommt nicht in Frage

Doch ländliche Idylle und üppige Natur täuschen so manch Ruhesuchenden Touristen aus der Stadt, denn ein Leben auf dem Land bedeutet oft körperliche Arbeit und Aufstehen vor dem ersten Hahnenschrei. Das gilt auch für die Bewohner des Landguts Ehrenbach bei Wiesbaden, die wie Sascha Zislinsky hier leben und arbeiten. Der geistig behinderte junge Mann ist mit seinen Kollegen bereits um 3 Uhr früh auf den Beinen, um in der einzigen Bäckerei des Ortes den Teig zu mischen, zu kneten und zu backen. Bereits zwei Stunden später warten Kliniken, Schulen, Altenheime sowie drei Dorfläden der umliegenden Gemeinden auf die frischen Backwaren. Unterstützt werden sie von Bäcker-Meister Horst Brunke und einem Gesellen.

 
Leben auf dem Land. Quelle: ZDF
ZDF
Die Landbäckerei beschäftigt acht Menschen mit geistiger Behinderung.
 

"Als wir hier vor zehn Jahren angefangen haben, gab es hier noch gar nichts", erzählt Brunke. Vor zehn Jahren wurde das Landgut Ehrenbach, ein Tochterunternehmen der Lebenshilfe Wiesbaden e.V., ins Leben gerufen. Der 350 Seelen-Ort Ehrenbach im Taunus besticht durch seine Abgeschiedenheit. Für den 30-jährigen Sascha Zislinsky, der mit seinen sieben Kollegen in einer betreuten Wohngemeinschaft lebt, käme dennoch das Leben in der Stadt nicht in Frage, denn er schätzt die Ruhe und den Zusammenhalt von Kollegen und Nachbarn.

ZDF Beitrag "Menschen-das Magazin" vom 17.07.2010

Franz - Das Theater Sonderurlaub der Liebe wegen

 Von WALTRAUT ROHLOFF

Probe im Franz-Theater.  Foto: FR/Schick

Seit sieben Jahren gibt es "Franz - Das Theater". Am Donnerstag feiert die Bühne der Wiesbadener Lebenshilfe mit ihrer neuen Inszenierung "Ein Stück Liebe" Premiere. Von Waltraut Rohloff

Aufführungen

Die Premiere am 15. Januar ist bereits ausverkauft. Weitere Aufführungen im Thalhaus, Nerotal 18: 16., 17. Januar, jeweils 20 Uhr; 18. Januar, 17 Uhr. Kartenbestellung unter Tel. 0611 / 185 126 7.

Michael Wendt (41) steckt die Daumen unter die Träger des blitzsauberen und frisch gebügelten Blaumanns. Er ist durchaus stolz - auf sich und seinen Arbeitgeber. Der, so Wendt, habe ihm für die "heiße Probenphase" Sonderurlaub gewährt. Der 41-Jährige arbeitet in seinem Berufsleben in der Poststelle des Statistischen Bundesamtes. Dorthin hat ihn der Verein Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung quasi vermittelt. In seiner Freizeit steht Wendt gerne als Schauspieler auf der Bühne.

Sein Mitspieler Willy Smith (39) arbeitet in der Werkstatt für Behinderte in der Pfälzer Straße, und verpackt dort für eine Firma Gewürze. Auch Smith hat Sonderurlaub bekommen. Wendt und Smith gehören mittlerweile zu den erfahrenen Theater-Hasen, stehen seit mindestens drei Spielzeiten auf der Bühne des Theaters "Franz" - ein Ensemble der Wiesbadener Lebenshilfe für geistig Behinderte.

Fast sieben Jahre ist es her, dass "Franz - das Theater" gegründet wurde. Vor zwei Jahren hat der Wiesbadener Schauspieler und Regisseur Armin Nufer (51) von Gründerin Barbara Wachendorff die Leitung der Lebenshilfe-Truppe übernommen und studiert mit geistig behinderten Erwachsenen ein Stück ein. Aufführungsort ist von Anfang an das Thalhaus. "Ein wunderbarer Gastgeber", sagt Armin Nufer über Thalhaus-Theaterchef Holger Hebestreit. Über ihn ist Nufer überhaupt an das Projekt und die zwischen 10 und 15 Personen zählende Theatertruppe gelangt.

Shakespeare als Inspiration

Die aktuelle Produktion heißt "Ein Stück Liebe" und hat am 15. Januar (natürlich im Thalhaus) Premiere. In der Theater-im-Theater-Story treffen mürrische Schauspieler, die keine Lust auf eine "Winzbühne" haben, auf Bühnenarbeiter. Es gären Konflikte, es gibt Knatsch, weil Techniker fehlen. Aber irgendwann, als sich eine Vermittlerin dazwischen wirft, beginnen beide Seiten, sich füreinander zu interessieren und sich zu verstehen - sie wachsen zusammen. Alles wird gut ... und der Vorhang geht zu.

Das Stück, das Armin Nufer in Anlehnung an Shakespeares Sommernachtstraum geschrieben hat, hat keine Hauptrollen. Zumindest offiziell nicht. Aber es gibt Akteure, denen die Bühne gehört. Einer von ihnen ist Clemens Baron, der sehr flexibel und losgelöst mit Wort und Gesten umgeht und gerne singt. Michael Wendt hingegen versucht, dicht an den gelernten Texten zu bleiben. Sich Texte und Einsätze zu merken, ist für ihn "nicht so schwierig", meint er.

Nufer stehen für seine Arbeit Profis der Behindertenarbeit zur Seite: Theaterpädagogin Christiane Jungkenn und als Betreuerin Donata Käßler. Beide arbeiten in einem der Lebenshilfe-Wohnhäuser. Für Nufer und die übrigen Profis des Ensembles ist jede Inszenierung eine Herausforderung. Jeder Behinderte hat sein spezielles Spiel. Wie sich ein Stück im Laufe der fast neunmonatigen Probenzeit entwickelt, ist auch für Nufer mit Überraschungen verbunden. Etwa 70 bis 75 Prozent des Stücks sind von Nufer anfangs anlegt, als Inszenierung gedacht - "manchmal aber kommt ein fast runderneuertes Stück heraus".

Der Regisseur und Schauspieler ist fasziniert von den Darstellern. Einen therapeutischen Ansatz verfolgt der derzeit freiberufliche Theatermacher mit den behinderten Mitwirkenden nicht. Er will "Ressourcen rausholen" und damit arbeiten - wie einst auch mit Schülerinnen und Schülern der Helene-Lange-Schule. Im Vordergrund steht für Nufer der "künstlerische Anspruch". Den therapeutischen Effekt gibt es natürlich dennoch. Die Schauspieler werden durch die Theaterarbeit in ihrer Kreativität und ihrer Körperwahrnehmung gefördert und gefordert. Und außerdem können sie ihre Fähigkeiten und Begabungen öffentlich präsentieren. Michael Wendt und Willy Smith wollen auf jeden Fall nach jeder Vorstellung wissen, wie das Stück angekommen ist.

Das Behindertentheater Franz schleppt sich von Jahr zu Jahr über die Runden. Denn es gibt keinen festen Etat. Franz lebt von Sponsoren. Diesmal hat hauptsächlich R + V Versicherungen die Inszenierung mit 10 000 Euro für die Lebenshilfe finanziert. Ein Stück Liebe eben.

Wiesbaden 

Gespanntes Warten auf die Gipsfüße

28.03.2011 - WIESBADEN

INKLUSION Kinder entwickeln bei der Malwerkstatt „Eigenart“ Mut zum Ausdruck

(MaK). Aus der Malwerkstatt „EigenArt“, in der sich 2009 und 2010 einmal monatlich zehn bis zwölf Kinder mit und ohne Behinderung zum kreativen Arbeiten trafen, ist in diesem Jahr eine Werkstatt für plastisches Gestalten entstanden. Die Hälfte der Kinder hat eine Behinderung. „Wir praktizieren die Inklusion schon eine ganze Weile“, sagt Annette Caumanns-Loos von der Lebenshilfe Wiesbaden. Sie ist Initiatorin und Leiterin der Workshops. Finanziert wird das Projekt vom Amt für Soziale Arbeit, die Lebenshilfe beteiligt sich mit einem Zuschuss.

Auch für die neue „EigenArt“-Werkstatt habe es wieder mehr Anmeldungen als Plätze gegeben, berichtet Annette Caumanns-Loos. Viele mussten auf die Warteliste. Deshalb war die Freude groß, als das Junge Staatstheater Wiesbaden mit einer Spende in Höhe von 2000 Euro die Einrichtung einer zweiten Werkstatt ermöglichte. Die Mittel stammen aus dem Verkaufserlös von Hörspiel-CDs, Plakaten und Buttons rund um die Weihnachtsmärchen-Aufführungen der „Schneekönigin“ im vergangenen Jahr. Trotz der moderaten Preise seien da bei 50 000 Zuschauern immerhin 16 000 Euro zusammengekommen, erzählt Stefan Schletter, einer der beiden Leiter des Jungen Staatstheaters. Das Geld fließe in einen Fonds, der sozialen Zwecken diene, so ermögliche man beispielsweise Kindern aus finanziell schwachen Familien den Theaterbesuch. „Unser Publikum soll wissen, wofür wir das Geld einsetzen.“ Am vergangenen Samstag besuchte Schletter die Kinder der ersten, bereits seit Januar bestehenden Vormittags-Werkstatt.

Im Januar und Februar haben sich die Kinder mit den Materialien Ton und Gips angefreundet. Jeder sucht und findet beim Arbeiten seinen eigenen Weg durch die Welt der Formen. Auch wenn Freunde wie Marius und Lars oder Freundinnen wie Nele und Leonie schon in der Malwerkstatt gern zusammengearbeitet haben. Was ist schöner - malen oder Ton kneten? „Mir macht beides Spaß“, antwortet Leonie und rollt dabei mit der Handfläche an einen Stück Ton. Nele nickt. „Mir auch.“ Thomas knetet an seinem dritten liegenden Osterhasen. Voriges Mal hat er eine Schildkröte mit abnehmbarem Panzer geformt, innen lag ein Schildkrötenbaby.

Johanna bemalt ihr Herz aus Ton blutrot und wählt dann für die Tonkugel mit eingeschnittenem Kreuz ein Kornblumenblau, das ihrer Mutter so gut gefällt. Gebrannt wird der Ton nicht, nur getrocknet.

Wie fühlen sich Gips und Ton an, und was kann man daraus machen? Welche Werkzeuge braucht man? „Wir gehen langsam und Schritt für Schritt vor“, erklärt Annette Caumans-Loos. Unterstützt wird sie von Kunstwerkerin Julia Isterling sowie Magdalena Görnert, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr beim Amt für Soziale Arbeit absolviert, und Helferin Laura Ciccanti. Manchmal gehe es turbulent in der Werkstatt zu, da sei es gut, wenn sich mehrere die Betreuung der Kinder teilten. „Wer hat noch keinen Gipsfuß?“, fragt Julia Isterling in die Runde. Die Gipsfüße von Chantal, Johanna und Marius stehen schon auf der Bank. Lina wartet darauf, dass ihre Gipshand trocknet. Sie und ihre Schwester sind neu in der Werkstatt. Vorsichtig wird Linas Gipshand aufgeschnitten. Was fängt man damit an? Mal sehen. Vielleicht bemalen. Das Arbeiten mit Pappmaché, Holz, Speck- und Alabasterstein soll folgen. Wie zuvor schon in der Malwerkstatt gilt es für die Kinder auch diesmal wieder, Mut zum unverwechselbar eigenen Ausdruck zu entwickeln, etwas Neues auszuprobieren und Spaß am Werkeln zu haben.

Stefan Schletter vom Jungen Staatstheater, Leonie, Nele und Workshopleiterin Annette Caumanns-Loos (von links) formen aus Ton Figuren.	Foto: wita/Paul Müller

Stefan Schletter vom Jungen Staatstheater, Leonie, Nele und Workshopleiterin Annette Caumanns-Loos (von links) formen aus Ton Figuren. Foto: wita/Paul MüllerVergrößern


 

 

50 Jahre Lebenshilfe Wiesbaden - Ein Film von Ballentin Video Film ...

www.youtube.com/watch?v=jCJ1eslQ6bA9 Min. - 1. Okt. 2010 - Hochgeladen von BallentinVideo
Die Lebenshilfe Wiesbaden setzt sich seit über 40 Jahren für behinderte Menschen ein. Zum Angebot gehören eine Frühförder- und ...

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